Schule der Zukunft. 21st Century Skills und Weiterentwicklung des Unterrichts
Bericht zur 15. SH-Sommeruniversität in der Akademie in Sankelmark von Prof. Dr. Jens Möller, Institut für Pädagogisch-Psychologische Lehr- und Lernforschung, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Die 15. Sommeruniversität fand vom 17. August bis zum 19. August 2023 in Sankelmark statt. „Die Schule der Zukunft“ stand im Mittelpunkt der Vorträge, Workshops und der Podiumsdiskussion. Wenig überraschend spielte auch dieses Jahr die Digitalisierung des schulischen Lebens, und nicht nur des Unterrichts, eine bedeutsame Rolle. In ihrem Begrüßungsstatement nannte die Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur, Frau Karin Prien, neben dem Lehrkräftemangel, dem Stand der Basiskompetenzen und der psychosozialen Entwicklung der Schülerinnen und Schüler die Digitalisierung als eine der zentralen Herausforderungen der Zukunft, die mit den anderen Herausforderungen zusammenhängt. Anschließend war Prof. Andreas Schleicher für einen Vortrag aus Paris zugeschaltet – als Leiter des Direktorats für Bildung bei der OECD ist er Internationaler Koordinator des Programme for International Student Assessment (PISA). Unter anderem umriss er mit seinen Erfahrungen aus weltweit gemachten Beobachtungen an Schulen die Möglichkeiten und Herausforderungen, die auch mit den neuesten Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz entstanden sind und weiter entstehen. In diesem Zusammenhang gab Dr. Gesa Ramm, die Direktorin des IQSH, einen Einblick in das Landesprogramm Zukunft Schule im digitalen Zeitalter, mit dem das Land Schleswig-Holstein die Kompetenzentwicklung von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrkräften unterstützt. Am Nachmittag des ersten Tages zeigten Dr. Jennifer Meyer und Dr. Thorben Jansen vom IPN als Vertretung für Prof. Dr. Katharina Scheiter, die leider absagen musste, wie die künstliche Intelligenz Lehrkräften dabei helfen kann, zu Schülertexten Feedback zu geben und damit Schreibkompetenzen zu fördern. Im Workshop hatten die Teilnehmenden u. a. die Aufgabe einzuschätzen, ob mitgebrachte Essays von einer KI oder von Schülerinnen oder Schülern geschrieben war (was mit überschaubarem Erfolg gelang). In der Podiumsdiskussion (Dr. Meyer, Dr. Ramm und Prof. Dr. Olaf Köller mit zwei weiteren Teilnehmenden, unter Leitung von Prof. Dr. Jens Möller von der Universität Kiel), die den ersten Tag abrundete, wurde auch die mit „Schockzustand“ beschriebene Reaktion auf die Einführung von Chat-GPT diskutiert. Vor allem ging es aber um den produktiven Umgang der neuen Möglichkeiten und um potentielle Entlastungen für Lehrkräfte.
Der zweite Tag widmete sich am Vormittag mit einem einführenden Vortrag von Dr. Marlene Wagner von der Universität für Weiterbildung Krems in Österreich dem Thema Flipped Classroom. Vorgestellt und diskutiert wurden die Besonderheiten dieses alternativen Unterrichtskonzepts, in dem grob gesagt Schülerinnen und Schüler sich in Einzelarbeit meist mit Lernvideos auf den Unterricht vorbereiten. Die Sitzungen im Klassenverband nutzt die Lehrkraft dann zur Arbeit in Gruppen und Diskussionen des Gelernten. Aufbauend auf diesem Beitrag stellte Dr. Lars-Frederik Weiß als Experte für Flipped Classroom und Lehrer am Internat Louisenlund die dort stattfindende Umstellung des kompletten Unterrichts in den höheren Jahrgangsstufen auf Flipped Classroom dar. Sehr lebensnah und anschaulich geschildert, konnten die Teilnehmenden erfahren, wie die Umsetzung eines solchen alternativen Unterrichtsprogramms geschieht. Am Nachmittag hielt Prof. Dr. Freydis Vogel von der Universität Hamburg einen Vortrag mit dem Titel Computergestütztes Kollaboratives Lernen. Deutlich wurde, dass Kollaboration als 21st Century Skill nicht automatisch gelingt und noch wichtiger, dass sie durch gezielte Instruktionen durch die Lehrkraft gefördert werden kann. In einer Übung wurde ein entsprechendes Vorgehen abschließend praktiziert.
Der letzte Tag begann mit einem Online-Vortrag von Dr. Annika Diery und Dr. Claudia Müller-Kreiner, die das Clearinghouse Unterricht an der TU München vorstellten. Das Clearinghouse hat in den letzten Jahren vor allem Forschungssynthesen (Meta-Analysen) so zusammengefasst, dass sie Schulen und die interessierte Öffentlichkeit einen Überblick über empirisch abgesicherte Ergebnisse der Unterrichtsforschung erhalten und diese bei der Schulentwicklung nutzen können. Beeindruckend war neben den Inhalten der kompetente und sympathische Umgang mit dem hybriden Format, der deutlich werden ließ, dass auch zugeschaltete Vorträge eine enorme Bereicherung für solche Veranstaltungen sein können. Dr. Ute Mertens vom IPN stellte ihre Meta-Analyse zur Frage vor, ob und wie computerbasierte Rückmeldung das Lernen fördert. Deutlich wurde etwa, dass unterschiedliche Arten von Feedback verschiedene Konsequenzen für den Lernverlauf haben. Die Staatssekretärin aus dem Bildungsministerium, Frau Dr. Dorit Stenke, führte dann in den abschließenden Dialog zur Kooperation zwischen Wissenschaft und Schule und in die Abschlussdiskussion zur Sommeruniversität ein.
Den Referentinnen und Referenten sei gedankt für eine erneut spannende, abwechslungsreiche und intensive Veranstaltung, die insbesondere von den lebendigen Diskussionsbeiträgen der teilnehmenden Lehrkräfte und Schulleitungen lebte. Der persönliche Austausch mit den Vortragenden und zwischen den Teilnehmenden ist die zentrale Säule der Sommeruniversität. Die Vielfalt der Erfahrungen und Kompetenzen, die in den Diskussionen deutlich wurden, lassen uns optimistisch sein, dass die Schule der Zukunft eine ist, in der die Lehrkräfte und die Schulleitungen bei allen Herausforderungen gern arbeiten und das Lernen und die persönliche Entwicklung der Schülerinnen und Schüler fördern.